Objektbericht

Firmenzentrale der BHS Corrugated

Dynamisch und transparent

65 Millionen Euro investierte die BHS Corrugated, Entwickler von Riffelwalzen, Wellpappenanlagen und deren Einzelaggregaten, jüngst in den Ausbau ihres Standorts im oberpfälzischen Weiherhammer. Hinter weißen, geschwungenen Auskragungen mit gläsernen Brüstungen wird man der Gebäudehülle, einer hochtransparenten Pfosten-Riegel-Konstruktion, gewahr. Karo Metall aus dem österreichischen Schörfling am Attersee hat dafür ein Wicona-System eingesetzt.

Mit klaren Vorstellungen trat die BHS Corrugated an die Architekten der furoris-Gruppe aus Chemnitz heran: So sollte in dem Neubau die Grenze zwischen Fertigung und Verwaltung aufgehoben sein. Und es sollte ein Ort entstehen, der Mitarbeiter verbindet – über alle Abteilungen und Arbeitsbereiche, über Verwaltung und Produktion hinweg. Optisch angelehnt an das äußere Erscheinungsbild der Wellpappe entwarfen die Planer einen lebhaft geschwungenen und mit gläsernen Fugen geschichteten, drei- bis fünfgeschossigen Komplex.

Dieser besteht aus einem Bürotrakt, der fließend in eine Montagehalle übergeht. Ein gebäudehohes Atrium bietet allen Mitarbeitern Raum für Kommunikation. Insgesamt entstanden 450 frei wählbare Open-Space-Arbeitsplätze.

Ergänzt werden diese durch Freizeiträume und durch ein Restaurant, das über eine Stahlbeton-Verbindungsbrücke mit dem Verwaltungstrakt verbunden ist. Das Äußere des in Stahlbeton konstruierten Baus prägen die gläserne Fassadenhaut, aber auch die weißen, wellenförmig geschwungenen und in ihrer Tiefe unterschiedlich auskragenden Geschossebenen.

Die Pfosten-Riegel-Konstruktion

Bei der Glasfassade handelt es sich um eine Aluminium-Pfosten-Riegel-Konstruktion (Wictec 50 gerade und polygonal) mit feststehenden Elementen sowie Fenster- und  Türelementen; 96 Balkon- und 31 Fluchttüren sind es an der Zahl. Für die großflächige Verglasung wünschten die Architekten in der Außenansicht neutrale, schwach reflektierende Gläser. Zugleich waren die Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz mit einem möglichst niedrigen g-Wert zu erfüllen.

Eingebaut wurden 3.540 Quadratmeter Pfosten-Riegel-Fassade mit raumhoher Verglasung aus dem Sonnenschutz-Isolierglas Infrastop III Brillant 45/24. Dieses wurde nach Bemusterung und Beratung durch den Flachglas MarkenKreis ausgewählt. Der Dreifach-Glasaufbau verfügt über einen g-Wert von 25 Prozent und einen Ug-Wert von 0,6 W/m2 K. Die Innen- und Außenscheiben der bis zu 3,70 Meter hohen Glaselemente bestehen zusätzlich aus ESG-H, wodurch die thermisch induzierten Spannungen im Glas aufgrund der Temperaturdifferenzen in Bezug auf die auskragenden Terrassen und den konstruktiven Sonnenschutz minimiert werden.

Fertigung und Montage

Entwickelt, produziert und montiert wurden die Pfosten-Riegel-Konstruktion sowie rund 200 Quadratmeter Brandschutzverglasung E30 (Schüco ADS 80 FR30) im Innenbereich von Karo Metall aus Schörfling am Attersee. Prokurist und gewerberechtlicher Geschäftsführer Clemens Schnell erklärt: „Die planerische Herausforderung an uns bestand in der bodenbündigen Ausführung des Fassadenanschlusses sowie in der polygonalen Ausführung der Konstruktion.

Jedes Feld ist eine Sonderanfertigung und unterscheidet sich sowohl vom Glas- als auch vom Riegelmaß. Jeder Riegel hat einen minimal abweichenden Winkel zum davor liegenden.“ Hinzu kam die Tatsache, dass es im Bereich der Verbindungsbrücke eine schräge Oberkante, sprich schräg verlaufende Fassadenelemente gibt. Aus dieser geometrischen Besonderheit heraus resultierte an dieser Stelle ein zweifach schiefer, so genannter Schifterschnitt.

Die geforderte Maßgenauigkeit in der Fassade gewährleistete der Hersteller durch den Einsatz seines des CNC-Bearbeitungszentrums  (Handtmann). Nicht zu unterschätzen war der Aufwand für das Einmessen der einzelnen Fassadenabschnitte während der Montage. So hätte ein Maßfehler von beispielsweise zwei bis drei Millimetern in den ersten drei Elementen einer Fassadenreihe über die Länge des Polygonzugs eine Maß-ungenauigkeit von zwei bis drei Zentimetern zur Folge gehabt.
Montiert wurde die Fassade innerhalb von elf Monaten; die Produktion fand mit vier Wochen Vorlauf innerhalb von acht Monaten zwischen September 2016 und Mai 2017 statt. Der Metallbauer aus Schörfling beschäftigte für das Projekt drei Konstrukteure in der Planung, sechs Produktionsmitarbeiter in der Fertigung und acht bis zehn Monteure vor Ort.

Grundsätzlich fertigte das Unternehmen nach Planmaß. Als Voraussetzung nennt Schnell die enge Abstimmung mit dem Generalunternehmer Markgraf bzw. dem Glaslieferanten Pilkington Bischofshofen: „Zwei Stockwerke über uns wurde betoniert, während wir quasi dabei waren, die Fassade einzubauen. Das lief aber alles sehr gut, weil der Generalunternehmer sehr maßgenau und sauber gearbeitet bzw. Pilkington Bischofshofen die vereinbarten Maßtoleranzen eingehalten hat. So hat sich letztendlich die Durchlaufzeit verkürzt.“

Glasgeländer

Die geschossweisen Auskragungen verfügen über gläserne Brüstungen und ermöglichen den Mitarbeitern vom Büro aus einen direkten Aufenthalt im Freien. Zum Einsatz kamen insgesamt 800 laufende Meter des Glasgeländersystems Balardo Alu Side 1 von glassline; dessen Montage verantwortete die Firma KM Spezialglas und Baumontagen aus Würzburg. Die Glasgeländer sind an der Betondecke befestigt und bestehen aus Aluminium-Tragprofilen, einem Verbundsicherheitsglas 20 mm aus 2x10 mm ESG mit 1,52 mm Folie und einem lastabtragenden Kantenschutz.

Generell eignet sich das Glasgeländersystem für absturzsichernde Verglasungen gemäß DIN 18008-4 und Bauregelliste A Teil 3 lfd. Nr. 2.12. Die Neigung der Glasscheibe kann +/- 10 Grad zur Vertikalen betragen. Darüber hinaus darf das Geländer zur Angriffsseite beliebig geneigt sein. Die Scheiben werden durch eine Klemmung im Grundprofil gehalten; Bohrungen im Glas entfallen. Der Einbau des Systems erfolgt mittels eines einfach zu handhabenden Montagesets: In der seitlichen Anschlussvariante – wie beim Neubau der BHS – wird das Aluminiumprofil zunächst entweder über geeignete Dübel an der Deckenstirn oder über L-Stahlprofile auf dem tragenden Untergrund befestigt. Dann wird die Systemblende eingeklipst und die Außenabdichtung festgedrückt. Anschließend erfolgt die Montage der Glasscheibe: Nach deren Einsetzen sowie dem Einlegen und Justieren des Klemmstabs setzt der Handwerker die Innendichtung ein. Zuletzt installiert er das Glaskantenschutzprofil bzw. den Handlauf.

Zu beachten dabei ist unter anderem der Befestigungsabstand (im privaten Bereich 500 mm, im öffentlichen Bereich 250 mm). Da dem System eine geprüfte Typenstatik zu Grunde liegt, ist für die darin enthaltenen Glasabmessungen kein weiterer statischer Nachweis erforderlich. Das bedeutet aber, dass die maßgebenden Scheiben eigenverantwortlich zu ermitteln und mit der geprüften Typenstatik abzugleichen sind. Bei abweichenden Geometrien oder Sonderanforderungen, für die es keine geprüfte Typenstatik gibt, muss das ausführende Unternehmen Individualberechnungen vorlegen. Offene, zugängliche Glaskanten sind beispielsweise mit einem vertikalen Glaskantenschutzprofil konstruktiv zu schützen. Nach dem Einbau nicht mehr zugängliche Verankerungs-/Verbindungsteile müssen aus Edelstahl (V4A) sein. Maßgebend für alle anderen zugänglichen Stahlteile ist die DIN 18360.

Fazit

Der neue Verwaltungsbau der BHS wird in seiner Architektur den Anforderungen an eine moderne Arbeitswelt gerecht. Die transparente, dynamisch geschwungene Gebäudehülle spiegelt die Philosophie des Unternehmens wider. Die zum Großteil polygonal ausgeführte Pfosten-Riegel-Konstruktion stellte hohe Ansprüche an Planung, Fertigung und Montage. Bestimmt wird das Ergebnis von der reibungslosen Zusammenarbeit zwischen Planer, Generalunternehmer und den ausführenden Unternehmen aus den Bereichen Metall und Glas.

Info & Kontakte

Karo Metall GmbH
Gahberggasse 9
A-4861 Schörfling am Attersee
Tel: +43 7662 3201
E-Mail:
www.karometall.at

Karo Metall im Porträt

„Höchste Qualität aus einer Hand – Made in Austria“, mit diesem Leitsatz wirbt das Unternehmen Karo Metall aus dem österreichischen Schörfling am Attersee. Clemens Schnell, Prokurist der Firma, ergänzt: „Wir haben uns mit einer breiten Produktpalette und einem umfassenden Leistungsspektrum etabliert. Das Kerngeschäft unseres inhabergeführten Betriebs liegt in den Bereichen Fassade, Portale und Türen, Fenster und Fensterbänder, Sonderkonstruktionen und im Brandschutz.  Alle Projektphasen von der Architektenberatung bis zur Projektleitung und Montage decken wir mit eigenem Personal ab.“Gefertigt wird bei Karo Metall in Aluminium, Stahl und Edelstahl. Derzeit beschäftigt das Unternehmen 65 Mitarbeiter bei einem Jahresumsatz von rund 13 Millionen Euro. Stark vertreten ist es im regionalen österreichischen Raum, also in Wien, Oberösterreich, Salzburg, Tirol, sowie im angrenzenden bayerischen Raum. Schnell: „Gerade dort wollen wir weiter Fuß fassen und uns für mittelgroße Objekte etablieren. Damit meine ich Objekte der Größenordnung von maximal zweieinhalb bis drei Millionen Euro.“ Die Kunden des Metallbauers aus Schörfling kommen aus der Industrie und der Wirtschaft oder sind Privatinvestoren und die öffentliche Hand. Hier wiederum liegt der Fokus auf den Bereich des Schulbaus und der Schulsanierung.

EN 1090 bis EXC 3
Neben der standardmäßigen CE-Kennzeichnung erfüllt die Karo Metall alle Vorgaben für das Schweißen tragender Teile aus Stahl nach EN 1090 bis EXC 3. Als einer der führenden österreichischen Anbieter von Brandschutzlösungen für Türen, Portale, Fenster oder Fassaden entwickelt und plant sie diese vom Prototypen bis zum fertigen Produkt. Der Betrieb verfügt diesbezüglich über alle notwendigen Zertifizierungen für Österreich, Deutschland und die Schweiz. Unter der Kontrolle akkreditierter Überwachungsstellen – genannt seien zum Beispiel das Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung IBS in Linz oder die Überwachungsgemeinschaft für Feuerschutz-, Rauchschutz- und Schutzraumabschlüsse Bayern e.V. –  fertigt das Schörflinger Unternehmen Brandschutzsysteme diverser Lizenzgeber sowie eigene Entwicklungen in allen Brandschutzklassifizierungen von E30 bis EI90. Dadurch, so Schnell, könne man eine gleichbleibende konsequent umgesetzte Qualität durch alle Produkte garantieren. Hervorzuheben sind hierbei die geprüfte Stahlbrandschutzschiebetüre mit integrierter Fluchtwegfunktion nach EN 1125 in EI30, die im Normalbertrieb als herkömmliche automatische Schiebetüre verwendet werden kann, sowie die TH74 Aluminium-Brandschutzschiebetüre ohne Fluchtwegfunktion.

Bautafel

Objekt: BHS Corrugated
Bauherr: IVG Weiherhammer GmbH
Planung: Furoris Gruppe GmbH, Chemnitz
Generalunternehmer: W. Markgraf GmbH
Metallbau Fassade: Karo Metall GmbH
Basisglas: Pilkington Deutschland AG, Gladbeck
Isolierglas: Pilkington Austria GmbH, Bischhofshofen
Glasgeländer: glassline GmbH, Adelsheim
Glas für die Glasgeländer: Flachglas Wernberg GmbH, Wernberg; Arcon GmbH, Feuchtwangen
Montage Glasgeländer: KM Spezialglas und Baumontagen GmbH, Wernberg

x

Thematisch passende Artikel:

Nachweis Pfosten-Riegel-Verbinder

Prüfungen nach EN 16758 & EN 17146

Der statische Nachweis von Pfosten-Riegel-Verbindern und Glasauflager sind von zentraler Bedeutung bei der Fassadenplanung. Lastprüfungen nach EN 16758 und EN 17146 sind geeignet, um die Grenze der...

mehr
Ausgabe 7-8/2022 Fachbeitrag

Sonderkonstruktionen

Spezielle Profile aus Aluminium

CAD-Programme für Architekten werden immer leistungsfähiger, zudem sind Wärmeschutzanforderungen nicht zuletzt aus Gründen des Klimaschutzes sehr hoch. Insofern wird immer öfter bei...

mehr
Ausgabe 05/2018

Statik im Metallbau — Teil 2

Aus dem Blickwinkel des Statikers

Die meisten Metallbauer vergeben ihre Aufträge an freie Statikbüros, die sie projektweise unterstützen. Dipl.-Ing. (TU) Danuta Pflaume ist Inhaberin des Ingenieurbüros Frontplan und berichtet...

mehr
Ausgabe 05-06/2020 Interview

Steffen Wildner von Metallbau Wölz

„Wir übernehmen Türen anderer Metallbauer!“

metallbau: Wie viele der insgesamt 140 Mitarbeiter befassen sich nur mit Automatiktüren und wie viele Türen produzieren und montieren Sie durchschnittlich pro Jahr? Steffen Wildner: So ganz klar...

mehr
Ausgabe 05/2018

Statik im Metallbau — Teil 1

Die Sichtweise eines Metallbauers

Viele, vielleicht sogar die meisten Stahl- und Metallbauer führen von der Planung über die Konstruktion, die Ausarbeitung von Details sowie Erstellung von Fertigungsunterlagen bis hin zur Fertigung...

mehr